Nach einer erneuten miesen Nacht machte ich mich zu Fuß auf zum Schildkrötensee und zum Freilichtmuseum der Stadt oder wie sie es nennen, das Ethnographische Museum.
Ich war verrückt genug, statt des Busses dahin zu laufen, wenn es auch eine ganz nette Strecke mit rund 6km war.
Ich passierte wieder einige alte zum Teil schon sehr schön restaurierte Häuser auf dem ersten Teil der Strecke, dann auch die Bodenstation der Standseilbahn hoch zum Mtatsminda Park (irgendwie habe ich es aber nicht geschafft, die selbst zu nutzen), kam dann immer mehr in die Gegenden, wo augenscheinlich der "normale" Einwohner lebt, wobei die Kontraste auf kleinstem Raum sehr hoch waren.
Da standen ältere kleinere Häuser und direkt daneben Plattenbauhochhäuser, die leider auch größtenteils sehr heruntergekommen wirkten. Das war etwas verstörend.
Ich hatte ja schon meine Probleme damit, dass Menschen in den alten heruntergekommenen Häusern in der Altstadt leben, aber die Häuser haben irgendwie noch sehr viel Charme, wenn auch einen sehr morbiden, aber solche Plattenbaugebäude...
Aber das ist die andere Seite der Stadt und auch das gehört zu einem Stadtbild, wenn das auch die meisten Touristen, bis auf die wenigen Plattenbauten, die man auf dem Weg vom Flughafen in die Stadt passiert, nicht zu sehen bekommen. Das ist immer genau ein Mitgrund, warum ich, wenn ich in irgendeiner Stadt bin, oftmals einfach nur los laufe und am Ende sehe, wo ich bin, um mehr von einer Stadt, einem Ort, einer Gegend zu sehen, als der "normale" Tourist.
Es ging dann ein Stück bergaufwärts, die Plattenbauten verschwanden in unmittelbarer Nähe, wenn auch noch immer bei dem Blick über die Stadt deutlich sichtbar und vermehrt waren Neubauten von Apartmenthäusern, an denen ich vorbei lief.
Die Aussichten über die Stadt waren aber auch z.T. beeindruckend und ich möchte nicht wissen, was dort oben so eine Wohnung kostet!
Irgendwann war aber auch die Wohngegend zu Ende und man befand sich mitten in der Natur mit teilweise unwegsamen Pfaden und ich war mal wieder froh, meine Trekkingschuhe dabei zu haben.
Nach rund 1 1/2 Stunden und einen Anstieg auf rund 670 HM erreichte ich den Schildkrötensee, georgisch კუს ტბა - Kus Tba, der auf dem nördlichen Ausläufer des Mtatsminda Berges liegt und bei den Einheimischen wohl am Wochenende ein beliebter Ausflugsort ist.
Man kann dort Boote mieten, am Wasser liegen, es gibt dort Bars, Restaurants, Cafes, fast alles, was das Herz begehrt, obwohl der See nicht sonderlich groß ist und für mich jetzt auch nicht unbedingt ein Must See ist.
Am Ende war er aber eh nur ein Zwischenstop für mich, denn nachdem ich mir einen leckeren Fruit Ice Blend bei The Coffee Bean & Tea Leaf (die US Kette kannte ich noch aus dem leider inzwischen in Köln geschlossenenen Cafe) gegönnt hatte, ging es weiter, wieder etwas bergab, zum Ethnographische Museum.
Ich bin ja an sich kein Museum Fan. Es gibt für mich nichts schlimmeres, als durch ein Nationalmuseum, ein Kunstmuseum o.ä. zu laufen und mir Dinge aus der Vergangenheit anzusehen, die da einfach nur herumliegen und irgendwann mal jemand benutzt, getragen oder sonst etwas damit gemacht hat oder mir Kunstwerke anzusehen und mir auszudenken, was uns der Künstler wohl damit sagen wollte, obwohl ich gelegentlich, selten dieser Tage, selbst zeichne und an sich der Materie einiges abgewinnen kann.
Mitmachmuseen finde ich cool, wie die "Experimente" Museen, die es immer mehr gibt, oftmals mit Fokus auf Wissenschaften (ich sowieso als Physik Verrückte....) und auch Freilichtmuseen haben meist ihren Charme, genau wie dieses.
Das Museum ist sehr sehenswert, auch wenn einige Häuser gerade geschlossen sind, weil sie in einem renovierungsbedürftigen Zustand sind.
Für 3 Lari, rund 1 EUR, Eintritt, bekommt man verschiedenste Häuser Georgiens aus verschiedenen Regionen und verschiedenen Jahrhunderten gezeigt und in einigen Häusern, das ändert sich wohl immer mal ein bisschen in welchen, bekommt man Erklärungen in georgisch, russisch oder englisch zu diesen und zu dem Leben allgemein in der Zeit, in der das Haus gebaut worden ist.
Wenn man mehrere Tage in Tbilisi ist, sollte man es sich auf jeden Fall ansehen. Man muss zwar nicht wie ich zu Fuß hinlaufen, man kann auch erst mit dem Bus und den Rest zu Fuß laufen oder nimmt ab Höhe Vake Park bis zum Schildkrötensee die seit einer Weile wieder offenen Seilbahn und läuft das kurze Stück bergab - oder nimmt gleich ein Taxi!
Zurück ging es durch den Stadtteil Vake, einem wohl etwas schickeren Stadtteil mit seinem großen modernen Park, der recht modernen Ilia Chavchavadze Avenue, benannt nach einem Schriftsteller, entlang derer sich diverse Universitätsgebäude, aber auch sehr viele Filialen bekannter westlicher Marken befinden. Das wirkte schon ganz anders und die Straße könnte auch eindeutig, wäre da nicht die Schrift, irgendwo mitten in Europa sein. Das war schon interessant!
Zurück in der Stadt machte ich mich dann noch einmal auf in die Altstadt, erst wieder entlang, einer, wie ich finde, schönsten Straßen in der - die Bethlehemstraße, um das Bäderviertel einmal richtig zu besichtigen.
Es war im Juni Teil des Tbilisi Rundganges gewesen, leider schüttete es zu der Zeit aus Eimern, so dass wir uns lieber in den umliegenden Restaurants versteckt hatten und somit hatte ich davon so gut wie nichts gesehen.
An diesem Tage aber strahlte die Sonne (ich hatte auf der ganzen Reise überhaupt sehr viel Glück mit dem Wetter) und somit konnte ich den Bereich mir vernünftig ansehen inkl. auch dem kleinen Wasserfall in einer hinteren Ecke.
Abends traf ich mich dann mit den zwei deutschen Mädels, die ich auf dem David Gareja Ausflug kennengelernt hatte, an der Fabrika, wo sie übernachteten, was ich aber gleich wieder mit einem nächtlichen Spaziergang durch die Stadt nutzte.
Ich liebe einfach die Lichter der Stadt, Tbilisi wirkt noch so viel beeindruckender und strahlender dann.
Abends an der Fabrika war auch sehr viel los, das wirkt aber alles ganz anders als die schlechte Erfahrung, die ich zwei Tage vorher gemacht hatte.
Kann sein, dass es vor allem die Budget Reisenden aus dem Ausland sind, die halt die Mehrheit an diesem Ort darstellen, aber es war alles viel angenehmer, wir hatten Spaß, tolle Unterhaltungen, keine dummen Sprüche und die Zeit verflog viel zu schnell, wobei ich jetzt auch nicht so lange blieb, denn am nächsten Tag wollte ich nicht so spät gen Borjomi aufbrechen.
Zurück ging es dann wieder durch den Teil der David Aghmashenebeli Avenue, der Fußgängerzone ist mit seinen Restaurants etc. Auch das wirkte alles sehr relaxed.
Was mir dann negativ aufgefallen ist, war diese komische Bar im Dedaena Park. Ich wollte eigentlich nur zum Fluß und musste daran vorbei.
Offensichtlich vor allem von Georgiern besucht, wirkte das alles ganz anders. Was ich absolut ekelhaft fand, war, dass obwohl die meisten Menschen draußen standen, die Luft sehr mies war - leider raucht gefühlt ein großer Teil der jungen Georgier.
Zigaretten in dem Land sind leider sehr billig, ich weiß nicht, was es an Aufklärung zu den Risiken des Rauchens gibt, offenbar nicht viel, wenn man bedenkt, dass wohl selbst im Flughafenterminal selbst bis vor nicht allzu langer Zeit eine noch geraucht werden durfte, wenn man Bewertungen auf Google etc. liest, und viele scheinen es auch cool zu finden, wenn ich so manche Bilder auf den Social Media Seiten sehe, wenn da wie ein James Dean vor 60 Jahren ge"pose"t wird. Schrecklich, einfach schrecklich. Schade, dass die Jugend Georgiens offenbar auf dem Wissensstand unserer Jugend von vor dreißig Jahren ist - anders kann ich mir das nicht erklären...
Wenn man mal was anderes als Weizenbrot will... tolle Bäckerei mit europäischem Brot u.a. |
Bodenstation der Standseilbahn hoch zum Mtatsminda Park |
Auch das ist Tbilisi - Plattenbauhochhäuser... |
Turtle Lake - Schildkrötensee |
Europäisches Olympisches Sommer-Jugendfestival 2015 Monument |
Freilichtmuseum Tbilisi |
Gründer des Museums |
Knoblauch! |
Entlang der Ilia Chavchavadze Avenue/Vake |
Sechste Autorisierte Schule - eine Schule in der Alstadt, wo Deutsch als 2. Fremdsprache ab der 3. Klasse gelernt werden kann inkl. Möglichkeit am Ende der Schulzeit das DSD II abzulegen. |
Entlang der entzückenden Bethlehemstraße |
im Bäderviertel |
Vollmondnacht |
Ich liebe die Lichter der Stadt |
Fabrika Nachtleben |