Am Donnerstagmorgen hieß es Abschied von Kasbegi und vom Kasbek zu nehmen, wobei an dem Morgen war es schon so wolkig, dass man, als ich aufstand, den Kasbek noch gut sah, aber als ich mich auf den Weg machte, die Marschrutka nach Tbilisi zu nehmen, war von ihm nicht mehr viel zu sehen.
Die Marschrutka um 11 fuhr überpünktlich ab, denn bereits um 10:45 war sie voll, was einige Touristen, die dann erst kamen, überraschte und sie teilweise etwas sauer reagierten - ich war, da ich es gelesen hatte, dass die gerne sehr schnell voll sind, bereits vor halb 11 dort gewesen - glücklicherweise. Eine knappe Stunde noch mal killen wäre ärgerlich gewesen.
Die Fahrt war überraschend komfortabel. Ich hatte einen Einzelplatz für mich, die Marschrutka war zwar etwas älter, aber die Sitze bequem – und das alles für 10 Lari (rund 3,30 EUR) bei einer Strecke von knapp 200km.
Was ich an den Tagen mich mehrfach gefragt habe, ist, was da für einen Fahrer an Lohn am Ende des Tages überbleibt bei 20 Fahrgästen. Ich möchte das teilweise gar nicht wissen, wobei die es sicherlich noch ganz gut haben. Mir ist zwar das Lohnniveau und auch die Unterschiede in Georgien bekannt, aber bei den Benzinpreisen in dem Land, auch knapp 1 EUR umgerechnet je Liter… So’n alter Sprinter verbraucht auch sicherlich seine 15 Liter auf 100km…
Über Gehälter htte ich so in meinen Wochen ja einiges erfahren, sowohl von Giorgi als auch von meiner Bekanntschaft, als ich nach Borjomi gefahren bin.
Darüber könnte man eine eigene Abhandlung schreiben, teilweise verdienen die Menschen in Fernost wie China und Taiwan mehr.
Aber welche Alternative haben die Menschen außer Auswandern, wie (hundert)tausende es in der Vergangenheit gemacht haben (dann gibt es aber natürlich das Problem mit Aufenthaltsgenehmigung, Arbeitserlaubnis etc.)?
Es kann doch z.B. nicht sein, dass hochqualifizierte Menschen so viel verdienen, dass es zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel ist?
Vor allem, wenn es wie im Bildungssystem die Zukunft des Landes betrifft (ja, auch deutsche Lehrer z.B. gehören nicht zu den Bestbezahltesten, aber sie sind, wenn sie eine Festanstellung haben, nicht zu Nebenjobs wie Nachhilfe großartig gezwungen). Aber vielleicht mache ich mir einfach zu viele Gedanken, auch wenn mein Urgroßvater, der ein Sozialdemokrat der alten Schule bis aufs Mark war, sicherlich stolz auf mich wäre, dass ich immer ein Arbeiterkind sein werde und mich dem Proletariat näher fühle als dem Mittelstand und der Bourgeoisie, egal, was für einen Job ich habe.
Das Wetter war an dem Tag eigenartig. In Kasbegi sehr wolkig, aber kaum waren wir wenige Kilometer entfernt, kurz vorm Pass, war der Himmel strahlendblau und so blieb es auch bis Tbilisi (wo es mit über 35 Grad eh wieder für meinen Geschmack viel zu heiß war). Herrlich, noch einmal diese Landschaft bei diesem Wetter einfach genießen zu gönnen, während die Marschrutka sich erst zum Pass hochquälte, um dann über die Serpentine mit ihren vielen Kurven auf der anderen Seite hinab zu fahren.
Gegen 14:30 kamen wir Didube Station an, von dort ging es dann die sechs Stationen mit der Metro bis Liberty Square, da ich wieder zwei Nächte im Ibis Styles war.
Pünktlich zum Check In kam ich dort an und dieses Mal bekam ich ein Upgrade - und nicht nur eines von einem Standardzimmer zu einem Superiorzimmer, nein zu einer Suite im siebten Stock und dann auch noch die, die zumindest hatte ich den Eindruck, den besten Ausblick hat, denn nicht nur hatte ich direkt Blick auf den Sololaki Hügel, sondern zu meiner linken Seite bis zur Sameba Kathedrale und zu meiner rechten Seite hinauf zum Mtatsminda Berg mit dem TV Tower. Einfach herrlich.
Da ich aber nicht meine letzten Stunden in meinem Hotelzimmer verbringen wollte, machte ich mich auf den Weg, weiter die Stadt zu erkunden.
Ich wollte gerne das Museum of Books besuchen, doch war das just an dem Tag geschlossen, schade...
Auf meiner To Do Liste stand auch noch der Heroes Square, aber nicht für das Helden Monument oder die Gedenkstätte zu Ehren der im Abchasien-Krieg getöteten georgischen Soldaten, das sah ich mir nur aus der Ferne an, sondern für die Graffiti Gemälde in den unterirdischen Fußgängertunnels, die sich mehr oder weniger einmal komplett um den Platz ziehen.
Angeblich sind diese Tunnels immer wieder wie ein Überraschungsei, denn gerne werden welche von anderen Sprayern übersprüht oder einfach getaggt und damit zerstört, was ich leider auch bei einigen sehen durfte. Ich kann so etwas nicht verstehen, wie mancher einige wunderschöne Street Art Werke so einfach verschandeln kann, absolut respektlos, auch wenn die Stadt voll von Street Art ist.
Aber von den dort aktuellen Werken war ich teilweise extrem beeindruckt, vor allem vom einem Sprayer mit dem Tag "Kobi" und einem anderen mit dem Tag "Davit Kvantaliani", so dass ich mich über eine Stunde in den Tunnels herumtrieb.
Auf dem Rückweg ins Zentrum machte ich noch kurz einen obligatorischen Stop im Hard Rock Cafe, es hat sich in den letzten Jahren fast zu einem Pflichtprogramm entwickelt, dass ich in jedem Ort, wo es eines gibt, mir ein T-Shirt hole, somit musste ich das in Tbilisi auch machen.
Ebenfalls stattete ich der Prospero‘s Books Buchhandlung einen Besuch ab.
Ich hatte gelesen, dass das die größte Buchhandlung für englischsprachige Bücher im Kaukasus sei, wobei als ich dort war, war ich doch überrascht, wie klein die beiden Shops, die sich nebeneinander befinden, doch sind.
Ich bin eindeutig zu sehr deutsche und englische Buchhandlungen gewöhnt, wobei auch in Deutschland und auch in England es noch so kleine schnuckelige Buchhandlungen gibt.
Überhaupt ist die Location sehr hübsch, da Prospero‘s Books in einem kleinen Hinterhof an der Rustaveli Avenue liegt, dazu gehört auch noch ein Café mit Tischen im Hof, der von rankenden Pflanzen umgeben ist. Das wirkte sehr apart. Ich habe mir dann ernsthaft ein Arbeitsbuch zum Georgischlernen gekauft, mit dem ich theoretisch auf Level A2 am Ende kommen soll (wobei ich mich etwas geärgert habe, da als ich am nächsten Tag noch einmal dort war, eine andere Reihe in den Regalen war, die aufeinander aufbauen und bis ca. C2 mit den aktuellen Ausgaben am Ende führen, online kostet mich der Versand leider fast so viel wie die Bücher selbst, da man sie nur auf georgischen Websites bekommt).
Schau ich mal, lesen kann ich die Sprache ja, da ich die Buchstaben an sich kann (wobei ich da immer mal wieder daran strauchele, wenn die Schriftart leicht anders ist), ich verstehe sie halt nur nicht.
Ich werde das sicher auch nie wirklich, aber ich finde die Idee trotzdem interessant, mich mit der Sprache weiter auseinanderzusetzen, so wie ich mich schon mit anderen Sprachen weltweit beschäftigt habe, um eine Grundidee des Sprachbaus zu bekommen, was ich als einst Lateinlernende hochspannend finde, wobei es für mich sicherlich einfacher ist, die Syntax in Italienisch, als lateinische Sprache, oder Schwedisch, als germanische Sprache, zu verstehen.
Aber wie heißt es so schön, man wächst mit seinen Herausforderungen.
Abends mit Einbruch der Dunkelheit bin ich dann Richtung Untere Bethlehem Kirche gelaufen, um von dort aus, vorbei an der oberen Bethlehem Kirche den Sololaki Hügel hinaufzugehen (vor einigen Wochen hätte da noch gestrauchelt, heute machte ich das mit links), um die besondere Atmosphäre der Stadt noch einmal von der Seite aus bei Nacht, zu genießen.
Tagsüber war ich ja schon dort oben gewesen, sogar zweimal, aber noch nicht bei Dunkelheit. Diese besondere Atmosphäre fesselte mich selbst nach gut einem halben Dutzend Nächten, die ich in Tbilisi verbracht hatte, noch immer; vor allem die gelben Straßenlichter sorgen für eine unnachahmliches Flair, das ich so noch nie einer europäischen Städte erlebt habe und ich kenne sooooo viele.
Oben angekommen war die Aussicht sicherlich herrlich, was aber viel schöner war, war, wenn man die Treppe hochging, die um die Uhrzeit kaum einer nutzte und durch die Dunkelheit um einen herum, das Licht der Stadt noch einmal anders wirkte statt wie oben auf dem Hügel von Laternen umgeben. Da oben strahlte die Stadt einfach nicht so sehr, wie wenn man aus fast kompletter Dunkelheit auf sie hinab sah.
Wieder in der Altstadt streifte ich dann noch etwas durch die Altstadt, Häuser, die mir bei Tageslicht so vertraut waren, wirkten so ganz anders, da die Straßenlichter Schatten warfen, die teilweise durch die heruntergekommenen Hausfronten sehr obskur wirkten. Was wird mir diese Altstadt fehlen!
Kasbek im Dunst der Wolken |
Wenige Kilometer hinter Kasbek strahlend blauer Himmel |
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Ich sag mal nichts zu dem Typ vorne... |
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Google sagt, dass diese die alte Dreifaltigkeitskirche ist... |
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Ich bin nicht hinein, aber auch von außen saß es drinnen sehr hübsch aus |
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der Glockenturm ist ein Teil des Kirchengebäudes... |
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Street Art in der Ilia Chavchavadze Avenue |
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Gebäude der Tbilisi State Uni |
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Gedenkstätte zu Ehren der im Abchasien-Krieg getöteten georgischen Soldaten |
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Street Art am Heroes Square |
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Prospero's Books Buchhandlung mit seinem Café und den Tischen im Innenhof |
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Ich wag's dann mal... |
Tbilisi bei Nacht |
Untere Bethlehem Kirche |
Obere Bethlehem Kirche |
Mir ist Käse lieber... (ich mag keine (reine) Schokolade) |
Wie hübsch diese Tür einst gewesen sein muss... |
Es wirkt fast unheimlich |
Dieses Licht, diese Schatten... |